Jetzt und bald

 

Seit beinahe drei Jahren besuche ich nun das Dore Jacobs Berufskolleg in Essen. Ich habe meine Ausbildung als staatlich geprüfte Gymnastiklehrerin fast beendet. Die theoretischen Prüfungen sind geschrieben und meine praktischen durchgeführt. Nun habe ich mehr Zeit für mich, Zeit, um über Dinge nach zu denken, mich aus zu probieren und meinen Tag ganz frei zu gestalten. Das tut mir sehr gut. Ich merke, dass ich müde bin und eine Auszeit gut brauchen kann.

Morgens das Haus für mich allein zu haben ist schön, doch ich freue mich auch, wenn am Nachmittag meine Schwester und meine Eltern von Schule, Arbeit und Uni zurück kommen. Wie einige vielleicht schon wissen, reise bald für ein ganzes Jahr fort. Deswegen genieße ich die Zeit zu Hause sehr. Ich mag es in meinem Bett zu liegen und den Klängen des Hauses zu lauschen. Da höre ich meine Mama, wie sie telefoniert, meine Schwester, wie sie die Musik in ihrem Zimmer aufdreht, meinen Papa, wie er sich über etwas freut, meinen Kater, wie er die Treppen still betappst. Ich sehe Papas Fotografien, fühle Mamas weiche Finger und höre die Stimme meiner Schwester, die mich in den Schlaf einsingt. Ich bin gerne hier. Und doch verlasse ich diesen Ort.

 

In weniger als drei Monaten fliege ich nach Indonesien. Genauer gesagt nach West Papua, im Osten Indonesiens. Das liegt 13.136 km von meinem Heimatort entfernt.

Und auch wenn ich all diese Dinge von zu Hause vermissen werde, ganz besonders die Menschen, die mir so am Herzen liegen, wird das das großartigste Jahr meines Lebens werden.

 

Mir ist schon seit einigen Jahren klar, dass ich nach meiner Ausbildung Entwicklungsdienst leisten möchte, um neue Erfahrungen für mich zu sammeln und eine neue Kultur kennen zu lernen, mit allem, was dazu gehört. Religion, Essen, Musik, Sprache und Sitten. Weit weg von der Konsumgesellschaft, in der ich lebe. Ich möchte weg von dem Gedanken, dass ein glänzendes Auto oder die neuste Beautykollektion den Menschen glücklich macht. Stattdessen möchte ich mit Menschen grundlegende, lebenswichtige Dinge erarbeiten und sie zum Lachen bringen, einfach weil der Spaß und der Frieden untereinander zählen.

 

Anfangs wollte ich gern mit Kindern und Jugendlichen aus dem Süden Afrikas arbeiten. Also bewarb ich mich, im Sommer 2016, bei sehr vielen Organisationen, von denen ich wusste, dass sie einen Freiwilligen für den Entwicklungsdienst gut vorbereiten und den Großteil an anfallenden Kosten für mich übernehmen können.

Nach einigen Monaten warten, und nach ein paar Absagen, bekam ich auch zwei Zusagen. Ich entschied mich, für ein Projekt und eine Organsiation, von der ich am Anfang meiner Bewerbungszeit gesagt hatte, dass das für mich nichts sei. Doch als ich den Platz für ein Frauenzentrum in Indonesien angeboten bekam, wurde mir plötzlich schlagartig klar, dass es genau das sein soll. Ich hab Lust auf was Neues. Es wird alles anders sein, was nur anders sein kann. Ich stürze mich in ein riesen Abenteuer. Das ist aufregend, ja gradezu beängstigend, aber vor allem sehe ich es als eine wahnsinnige Chance, ein Geschenk und als meinen Weg.

 

Ich konnte nicht glauben, dass ich tatsächlich eine, ja sogar zwei Zusagen bekommen hatte, und auch wenn ich es immer mehr begreife, so richtig realisieren tue ich es glaube ich erst, wenn ich im Flugzeug sitze.

 

Okay jetzt aber zu meinem Entwicklungsdienst. Was ist das überhaupt? Ein Entwicklungsdienst ist ein Dienst, der durch einen Freiwilligen in Entwicklungsländern ausgeübt wird. Ich bin also eine Freiwillige, oder auch, eine Entwicklungshelferin.

Wohnen und arbeiten werde ich im P3W, einem Zentrum für Frauen und Mädchen. In dem Zentrum wird die Entwicklung der Frauen durch stationäre und mobile Kurse und Fortbildungen gefördert. Durch Bildung werden sie befähigt (auch finanziell) selbstständig zu sein und nicht als zweitklassige Menschen zu gelten, da Frauen in der Papua-Gesellschaft benachteiligt sind.

Es wird Nachhilfe geben, ich werde mit den Frauen kochen, nähen und die Kirche besuchen. Vielleicht kann ich auch meine Kreativität und meinen Fertigkeiten aus der Ausbildung mit einfließen lassen und Mal- und Tanzkurse geben. Ich werde sehen was auf mich zu kommt und was sich machen lässt.

 

Ermöglicht wird mir all das durch die VEM (vereinte evangelische Mission), die durch weltwärts finanziert wird und sich als Gemeinschaft von Kirchen in drei Erdteilen versteht.

So gibt es Freiwilige die aus Europa nach Asien oder Afrika reisen und Freiwillige die aus Afrika oder Asien innerhalb dieser Kontinente und Europa Freiwilligendienst leisten können..

Zur Vorbereitung auf das Freiwilligen-Jahr besuche ich einige Seminare, die von der VEM organisiert werden. So war ich schon auf dem Info-und Auswahlseminar, dem Bürotag, wo alles finanzielle und bürokratische geklärt wurde und auf dem Entwicklungspolitischen Seminar. Vor mir liegt das Ausreise- Zwischen- und Wiederkehrendenseminar. Ich werde also nicht ohne Wissen, Warnungen und Tipps wegfliegen, sondern so weit es geht, gut vorbereitet sein.

Außerdem besuche ich eine zweiwöchige „Sprachakademie“ um die Landessprache bahasa indonesia zu lernen.

 

Wer jetzt auch Lust bekommen hat, für den habe ich hier zwei super Internetseiten, die mir persönlich geholfen haben, so viele vertrauenswürdige Organisationen zu finden.

Organisationen, die von weltwärts finanziert werden, kosten euch Freiwillige nichts oder kaum etwas. Das finde ich wichtig, denn als Freiwillige/r arbeitet man, und dafür Geld zu bezahlen, ist komisch. Geld zu verdienen wäre allerdings auch komisch, denn ihr seid Freiwillige und solltet keinem Einheimischen dort einen Arbeitsplatz weg nehmen! Ihr seid sozuagen Helfer, Assistenten. Ganz wichtig! Ihr werdet sicher nicht reich an Geld, aber dafür an Erfahrungen, die, im Gegensatz zu Geld, unvergänglich sind.

 

http://www.weltwaerts.de/de/

http://www.quifd.de/165_Auslandsdienste.htm

 

Internetseite der VEM  http://www.vemission.org/startseite.html

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